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Ein Ersti zwischen wilden Semester Opening (und Closing) Partys und Modulhandbücher

Nachdem ich jetzt schon in meinem dritten Semester bin, kann ich definitiv sagen, dass ich in diesem Jahr viel gelernt habe. Ob dieses Wissen ausschließlich mit dem behandelten Stoff zu tun hat, lasse ich erst mal unbeantwortet. Was ich jedoch definitiv beantworten kann, ist was passiert, wenn mir noch mal jemand vorhält wie viel Freizeit man doch als Student hat.

Freunde, die Messer sind gewetzt, Freiwillige vor!

Na gut, ganz so schlimm wie Dexter auf Zuckerschock ist es nicht, aber ich glaube es ist tatsächlich wenigen bewusst, wie viel Arbeit so ein Studium sein kann, inklusive mir. Als ich noch das Leben in Amerika genossen habe, steckten einige meiner Freunde schon bis zum Hals im Prüfungsmarathon. Auf die Beschreibung der Vorbereitungszeit als Bootcamp und schlimmer als jede Abschlussprüfung, hatte ich nur einen Gedanken übrig: „Pff, jetzt stell dich mal nicht so an, so schlimm kann es doch gar nicht sein!“ Es war schlimm!

Zunächst einmal steht man als Erstsemester vor der schwierigen Frage: Wie funktioniert mein Stundenplan eigentlich? Das Zauberwort dabei heißt „Modulhandbuch“. Es ist wie die Bibel für Studenten. Dort steht alles im Detail drin, von der Anzahl der Kurse, die man belegen muss, bis zu ihrer ausführlichen Beschreibung. Nachdem man also hoffentlich seine Studentenbibel richtig interpretiert hat, steht man vor der nächsten Herausforderung, die Kurse auch im Digicampus zu finden und mit den restlichen Kursen zu koordinieren, um ja auch Donnerstag und Freitag freizuhaben.

Sobald man also das Mysterium des Stundenplans gelöst hat, kann man sich nicht nur selbst auf die Schulter klopfen, sondern auch froh sein, da der Stundenplan schon die halbe Miete der ganzen Geschichte ist. Die andere Hälfte ist auch tatsächlich zu den Kursen zu erscheinen. Dass das nicht so einfach zu bewerkstelligen ist, zeigt der abnehmende Umfang der Kursgrößen im Laufe des Semesters. Es ist schon kein Kinderspiel, dass muss man zugeben. Zunächst einmal muss man die Räumlichkeiten finden. (Wo verdammt nochmal war das Gebäude D und warum scheint das hier auch keiner zu wissen!?)

Auch wenn die Frage nach den Räumen und Gebäuden bis in höhere Semester offen bleibt, prägen sich ebenso wichtige Örtlichkeiten wesentlich schneller ein. Beispielsweise scheint man im Laufe seines Studiums einen sechsten Sinn für die Lage von Toiletten zu entwickeln. Natürlich würde man ein solches Wissen nie als Ausreden missbrauchen, um einer etwas trockenen Stunde zu entfliehen.

Außerdem lassen sich ebenso schnell diverse Cafeterien und deren Inventar memorieren. (Die guten Cookies mit extra viel Schokolade gibt es in der großen Cafete und mit einem: „Ihre Bolognese schmeckt mal wieder besonders gut“, kann man eine extra große Portion abstauben.)

Wenn man also die Problematik der Örtlichkeiten mehr oder weniger im Griff hat, gibt es dann noch das eigentliche Problem, das der Motivation. Denn das Studentenleben birgt so einige Verlockungen und Vorteile: Semester Opening (und Closing) Partys, die s.g. SOP, Campus Tüten, gefüllt mit all den Sachen, die ein Student (irgendwann vielleicht) verwenden könnte. Wobei einige der Items Rätsel aufgeben, wie sie ihren Weg in die Tüte gefunden haben. Ein Beispiel: man findet Red Bull, Maggi Soße, Postits, Blöcke, Stifter, Waschpulver und Rabattcoupons. Aber auch, einen Fingerhut, eine Plastikgabel oder Babypuder.

© Daphne Strain

Außerdem fangen die meisten Kurse, wenn man sie gut gelegt hat, nicht vor zehn Uhr an und enden teilweise schon um 14 Uhr. Im Allgemeinen ist man in seinem Studium sehr unabhängig. Man kann viel aber auch gar nichts machen. Es gibt keine Zwischenprüfungen, also spart man sich die doch sehr nervigen Kommentare: „Glaubst du wir schreiben da eine Ex!?“ Doch das ist auch gleichzeitig das Problem daran. Wir haben keine Lehrer mehr, die uns kontinuierlich daran erinnern, dass wir nur noch vier Monate bis zu den Prüfungen haben und auch ja rechtzeitig anfangen sollen zu lernen. So leben wir uns recht leicht in unser studentisches Leben ein, perfektionieren den „körperlich-aber-nicht-geistig-anwesend“–Zustand und finden unsere allgemeine Lebenssituation eigentlich ziemlich entspannt.

Der geneigte Student wird jedoch sehr schnell und sehr unsanft aus diesem Aggregatszustand gerissen und zwar spätestens zur Prüfungs(vorbereitungs)zeit. Hier wird uns schmerzlich bewusst, dass es nicht mehr vier Monate, sondern nur noch vier Wochen bis zu den Prüfungen sind und unser Informationsspeicher noch gähnende Leere aufweist. Genau an dieser Stelle beginnt das Uni-Bootcamp aka Prüfungsphase. Um durch dieses Bootcamp mehr oder weniger heil zu kommen, hat sich jeder von uns individuelle Überlebenstechniken angeeignet.

Davon sind die Stereotypen:

Diejenigen, die bis dato erfolgreich das Bullemie-Lernen angewandt haben, diese Sorte hat sich darin spezialisiert sich in der geringsten Zeit eine große Menge an Wissen anzueignen und am Prüfungstag alles wieder auszuspucken. Die Bulimie-Lerner klemmen sich abends um elf Uhr mit ihrem doppelten Espresso hinter ihre Zusammenfassungen, falls diese überhaupt schon vorhanden ist, und beginnen ihre erste Nachtschicht. Zu den Nachtaktiven gehört auch die Gruppe der Nachtschwärmer. Der Unterschied zu den Bulimie-Lernern besteht darin, dass Bulimie-Lerner doch auch regelmäßig in den Vorlesungsälen anzutreffen sind, während die Nachtschwärmer die Prüfungen lediglich als Verschnaufpause zwischen langen Nächten sehen. Nachtschwärmer sind also äußerst selten in universitären Räumlichkeiten anzutreffen. Das sind die Leute, die man am Prüfungstag sieht und sich fragt, ob sie auch wirklich mit einem studieren oder sich nur im Raum geirrt haben. Zu den Unbekannten im Prüfungsaal können auch diejenigen gehören, die nie zu den Vorlesungen kommen aber trotzdem alles können. Da ich selbst keine Ahnung habe, wie sie das bewerkstelligen, habe ich diesen Typus an dieser Stelle nicht weiter ausgeführt.

Dann gibt es noch die Studenten, die den Dreh schon lange vor uns raus hatten und sich nicht von der Lorelei des Studiums haben verführen lassen. Sie haben nach (fast) jedem Kurs ihre Zusammenfassung angefertigt und nicht erst ein paar Wochen vor der Prüfung. Sie haben sich definitiv nicht das Motto: „Eine Prüfung kann wiederholt werden, eine Party nicht“ zu Herzen genommen und sie haben fleißig die Tutorien besucht.

Am besten ist vermutlich eine gesunde Mischung: Ein bisschen Nachtschwärmen, ein bisschen Bulimie-Lernen und ein bisschen super vorbereitet sein, leider lassen sich die Schwerpunkte nur allzu schnell verschieben. Am Prüfungstag sind wir jedoch alle gleich: Übermüdet, mehr oder weniger gestresst, in der Hoffnung dass das allgegenwärtige Motto „Mut zur Lücke“ dieses Mal auch funktioniert und heil froh, wenn es endlich vorbei ist und man sich nie wieder den Unterschied zwischen Polity, Policy und Politics merken muss.

Und selbst wenn man den Dreh nicht von Anfang an raus hat, haben wir zum Glück fünf Semester, um uns immer wieder zu denken: „Nächstes Semester fange ich rechtzeitig mit dem Lernen an!“

Daphne besucht die Uni in Augsburg:

Mein Hauptstudienfach ist Soziologie, zusammen mit Politik. Ab dem dritten Semester konnte man sein Nebenfach wählen, in meinem Fall Medien und Kommunikation (kurz MUC). Der Vorteil der Uni Augsburg: Sie ist eine Campus Uni, was bedeutet, dass es abgesehen von der schönen Lage (Teich, kleiner Fluss, Gras und Hügel) auch sehr praktisch ist, nicht durch die Gegend hetzten zu müssen, um zu seinen Kursen zu kommen, weil alles an einem Ort ist. Die Bibliothek (Bib), die man ja als Student regelmäßig besuchen sollte, ist auch nur ein Katzensprung entfernt.

Text // Daphne Strain

 

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