Es herrscht Berliner Kiez-Stimmung im zweiten Stock der Dachauer Straße 114. Die Räume sind einladend und offen. Genauso wie die MitarbeiterInnen. Daniel Sponsel, künstlerischer Leiter und Geschäftsführer des Festivals, hängt gelbe Papierstreifen mit großen schwarzen Worten darauf an die Wand. „Wir sind das größte Dokumentarfilmfestival in Deutschland“ steht jetzt dort. „Das ist unser Mood-Board. Es motiviert uns, wenn unsere Arbeit an dieser Pinnwand sichtbar wird“, erklärt Maya Reichert, die die Leitung von DOK.education innehat. „Das größte Dokumentarfilmfestival mit 200.000 BesucherInnen findet jährlich in Amsterdam statt“, erzählt uns Daniel Sponsel. Da kann sich die bayerische Landeshauptstadt sehen lassen, die über 45.000 Besucher erwartet.
Im zentralen Büro gehen nach der Mittagspause alle wieder zügig an die Arbeit. Wir können Elisabeth aus der Filmadministration über die Schulter schauen. Sie erklärt uns, dass bis zu unserem Besuch im Festivalbüro Anfang März bereits 1.054 Filme eingereicht wurden. Diese müssen im vergangenen oder in diesem Jahr fertiggestellt worden sein und eine Mindestlänge von 52 Minuten haben. Ausnahme bilden die Beiträge von Kindern und Jugendlichen, die kürzer sein dürfen.
Das Team hat nun die schwere Aufgabe, 150 Filme für das Münchner Publikum auszuwählen. Elisabeth zeigt auf eine Frau, die neben der Tür konzentriert auf einen Bildschirm blickt. „Das ist Ulla. Sie ist schon am längsten dabei und kennt jeden Festivalleiter der DOK.fest-Jahre. Es gibt Tage, an denen sie acht Stunden Filme ansieht.“
Teamkoordinatorin Kathrin empfängt in der Zeit, in der wir da sind verschiedene junge BewerberInnen. In den Gesprächen lotet sie die Interessen und Motivation aus. Nur zehn bis zwölf Festangestellte zählt das Team über das ganze Jahr. „Aber jetzt kommen die 40 Saisonarbeiter“, meint Kathrin lachend. Viele sind ehrenamtlich tätig und deshalb ist es ihr besonders wichtig, „dass die Mitarbeiter, das lernen und mitnehmen können, was sie interessiert und sie glücklich macht, wenn sie uns ihre Zeit schon schenken“. Kathrin ist immer noch auf der Suche nach 140 FestivalmitarbeiterInnen für die Festivaltage im Mai.
Im Büro schräg gegenüber gibt es drei Arbeitsinseln. Über der hintersten leuchtet eine orangene Lampe: Die Farbe von DOK.education. Dieser Teilbereich des Festivals stellt ein gesondertes Programm für Kinder, Jugendliche, Familien und Schulen zusammen. Dieses Jahr wird es zum ersten Mal einen Preis für Filmeinreichungen von Grundschulen geben. Die Leitung des Jugendfilmwettbewerbs Julia sichtet die Filme für den Jugendfilmwettbewerb, die etwa zwischen drei und 20 Minuten lang sind.
Hinter dem DOK.education Schreibtisch, an dem normalerweise auch Maya sitzt, wenn sie keine Gruppen durch die heiligen Hallen führt, hängt entlang der Wand eine große Tafel, auf der das komplette Filmprogramm mit über 400 Einzelveranstaltungen geplant wird. Hier darf kein Planungsdetail außen vor gelassen werden. Das Zeitfenster für jeden Film wird in Anbetracht des Publikumstyps am Spielort und der Zuschauerzahl ausgesucht und die Spieltage auch danach, wie es den Filmemachern möglich ist, für Filmgespräche dabei zu sein. Die analoge Planung an der Wand wird später noch in den PC übertragen.
Auch die Presseabteilung findet man in diesem Büro. Je näher das Festival rückt, desto mehr Arbeit kommt auf die Kollegen der Presseinsel zu. Ihre wichtige Aufgabe ist es unter anderem, so viele Journalisten wie möglich davon zu überzeugen, über das DOK.fest zu berichten.
Vorne im Raum leuchtet über dem Arbeitsplatz von DOK.forum eine grüne Lampe. Sie sind eine weitere Sparte des DOK.fests und organisieren Veranstaltungen für ein Branchenpublikum, aber auch für ein interessiertes öffentliches Publikum. Sie versuchen, neue kulturelle Trends in der Filmbranche aufzugreifen. Sina erklärt, dass das DOK.forum eine Diskursplattform initiiert. „Bei uns treffen sich Regisseure, Produzenten und Filmbegeisterte die Ideen suchen, oder bereits welche haben und sich somit erfolgreich vernetzen können. Wir sind quasi eine Dating-Plattform für Filmemacher“, lacht sie.
Im dritten Büro sitzt die Redaktion. Sei es die Erstellung und das Layout der Flyer, das Betreiben der Social Media Kanäle, oder die Formgebung der Trailer, Texte und Bilder für die Website, diese Arbeit wird von den Frauen und Männern der Kommunikationsabteilung übernommen. Sie haben die Aufgabe, die 150 ausgewählten Filme und die Veranstaltung im Allgemeinen, nach außen in die Öffentlichkeit zu tragen.
Nicht nur die Festivalwand wächst, sondern auch das Mood-Board. Bis wir gehen, hat es sich schon erweitert. Die Adjektive „wichtigste“ und „beste“ sind zu „das größte Dokumentarfilmfestival“ an die Wand geklebt worden. Es ist begeisternd, zu sehen, dass diese Menschen so kurz vor dem Festival weder den Mut noch die Nerven verlieren.
Unser Redaktionsworkshop war auch eine Kooperation von DOK.education mit m80.
Text // Luise Kwak