Ghosting beim Ausbildungsstart: Wenn Azubis einfach nicht auftauchen – und wie du es besser machst

Ghosting beim Ausbildungsstart
Symbolbild - KI-generiert

Du unterschreibst einen Ausbildungsvertrag – und erscheinst dann einfach nicht am ersten Tag? Genau dieses Ghosting passiert immer häufiger. Immer mehr Unternehmen berichten, dass junge Leute sich bewerben, den Vertrag abschließen – und dann wortlos verschwinden. Was wie eine schlechte Szene aus einem Dating-Drama klingt, ist für viele Betriebe bittere Realität.

Beim Pharmakonzern Boehringer Ingelheim zum Beispiel sind im letzten Jahr zwei Azubis am ersten Tag nicht aufgetaucht. Ohne Absage. Ohne Erklärung. Für das Unternehmen bedeutet das: hoher Aufwand, zusätzliche Kosten – und ein Ausbildungsplatz, der nun leer bleibt.

Immer mehr Fälle – auch im Handwerk

Besonders betroffen ist das Handwerk: Bei der Handwerkskammer Rheinhessen sind letztes Jahr 84 von über 1.000 frisch unterschriebenen Azubis einfach nicht erschienen. Ein paar davon haben woanders angefangen, aber die meisten? Komplett abgetaucht. Die HWK hat sogar versucht, nachzuhaken – per Brief. Ergebnis: keine Reaktion. Ghosting setzt sich fort.

Gründe fürs Ghosting: Was sagen Jugendliche selbst?

Der SWR hat am Berufsschulzentrum in Mainz nachgefragt, warum junge Leute trotz unterschriebenem Ausbildungsvertrag nicht auftauchen. Die Jugendlichen dort hatten einige Erklärungen – und zeigen, dass hinter dem Verhalten oft mehr steckt als bloße Lustlosigkeit.

  • Vertrag klingt im Nachhinein unattraktiv: Weniger Urlaub, schlechtere Bezahlung als gedacht – da verliert man schnell die Motivation.
  • Frust über Unternehmen: Viele erleben selbst, dass sie nach Bewerbungen keine Rückmeldung bekommen – also quasi „Ghosting von oben“. Manche drehen den Spieß dann einfach um.
  • Zu viele Optionen, zu wenig Verbindlichkeit: Wer die Wahl hat, hält sich gern alles offen – und drückt sich vor der unangenehmen Absage.
  • Konflikte vermeiden statt klären: Absagen ist unangenehm. Also sagt man lieber gar nichts – und hofft, das Problem löst sich von selbst.

Ein Jugendlicher bringt es ehrlich auf den Punkt: „Vielleicht ist das Bewusstsein einfach nicht da, dass man dafür auch eine Verantwortung trägt.“

Zwei weitere Jugendliche sehen ein grundlegenderes Problem: In ihrer Generation sei Unverbindlichkeit ein Dauerzustand – ob beim Ausbildungsplatz oder beim Reservieren im Restaurant. Außerdem sei man in einer Zeit aufgewachsen, in der Verantwortung oft nicht eingefordert wurde. Das prägt – auch beim Berufseinstieg.

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Warum das ein Problem ist – nicht nur für Firmen

Wenn Auszubildende einfach nicht auftauchen, ist das für die Betriebe nicht nur enttäuschend, sondern bringt ganz praktische Probleme mit sich. Arbeitsplätze bleiben unbesetzt, geplante Abläufe geraten ins Stocken, und die aufwendige Suche nach Ersatz kostet Zeit, Geld und Nerven. Unternehmen investieren viel in Auswahlverfahren, Vertragsvorbereitungen und die Einarbeitung – wenn dann niemand erscheint, verpufft all diese Arbeit.

Aber auch für andere junge Menschen hat „Ghosting“ Folgen. Jeder unbesetzte Ausbildungsplatz ist eine verpasste Chance für jemanden, der ihn vielleicht dringend gesucht hätte. Vor allem in Branchen mit begrenztem Angebot kann das bedeuten: Ein Platz war blockiert – und am Ende bleibt er leer. Das ist unfair gegenüber all denen, die ebenfalls motiviert sind und vielleicht keinen Platz mehr bekommen haben.

Und auch für die Ghoster selbst kann das Verhalten langfristig Nachteile bringen. Wer wortlos verschwindet, hinterlässt keinen guten Eindruck – und das spricht sich herum. Personalabteilungen sind oft gut vernetzt, besonders innerhalb einer Region oder Branche. Wer schon zu Beginn durch Unzuverlässigkeit auffällt, hat es bei späteren Bewerbungen deutlich schwerer. Denn auch wenn es heute viele Möglichkeiten gibt: Ein professionelles und respektvolles Verhalten ist nach wie vor ein echtes Plus – gerade beim Einstieg ins Berufsleben.

Was du tun solltest, wenn du doch absagen willst

Du hast gemerkt, dass der Ausbildungsplatz doch nicht zu dir passt? Vielleicht hast du ein besseres Angebot bekommen, dich für ein Studium entschieden oder einfach festgestellt, dass der Beruf nicht der Richtige für dich ist. Ganz ehrlich: Das ist absolut okay. Es ist dein Leben und deine Entscheidung – und niemand kann dir vorschreiben, welchen Weg du gehen sollst.

Aber – und das ist wichtig – bleib trotzdem fair. Denn auch wenn du absagst, solltest du das mit Respekt und Rücksicht tun. Die Firma hat sich Zeit genommen, dich ausgewählt, dir eine Chance gegeben. Wenn du einfach nicht erscheinst, stehst du nicht nur schlecht da, du nimmst vielleicht auch jemand anderem die Möglichkeit auf genau diesen Platz.

Hier ein paar einfache Tipps, wie du’s besser machst:

  • Sag frühzeitig ab, sobald du weißt, dass du die Stelle nicht antreten wirst. Je eher, desto besser – so hat das Unternehmen noch die Chance, jemand anderen zu finden.
  • Meld dich direkt – ein kurzer Anruf oder eine höfliche Mail reicht völlig. Du musst keine lange Erklärung liefern, aber ein klares „Ich werde die Ausbildung leider nicht antreten“ gehört dazu.
  • Sei ehrlich und freundlich, aber nicht übertrieben. Du kannst zum Beispiel schreiben: „Vielen Dank für die Möglichkeit. Ich habe mich aus persönlichen Gründen entschieden, die Ausbildung nicht anzutreten. Ich wünsche Ihnen alles Gute.“
  • Bedank dich für die Chance, selbst wenn du sie nicht nutzt. Das zeigt Charakter.
  • Bleib erreichbar, falls Rückfragen kommen. Das wirkt professionell und zeigt, dass du Verantwortung übernimmst.

Klar, so eine Absage fühlt sich manchmal unangenehm an – aber sie zeigt, dass du den Mut hast, ehrlich zu sein. Und genau das wird dir später noch oft weiterhelfen. Denn wer fair und respektvoll handelt, bleibt positiv in Erinnerung – und das ist gerade im Berufsleben mehr wert, als man denkt.

Klartext statt Funkstille

Ghosting mag im ersten Moment wie der einfachste Ausweg wirken – kein Anruf, keine Mail, keine unangenehme Konfrontation. Einfach nicht mehr melden und hoffen, dass es sich erledigt. Aber genau das ist der falsche Weg. Denn auch wenn du dich gegen eine Ausbildung entscheidest, hast du trotzdem Verantwortung – gegenüber dem Betrieb, gegenüber anderen Bewerbern und nicht zuletzt dir selbst.

Eine ehrliche Absage kostet vielleicht ein bisschen Überwindung, aber sie zeigt, dass du fair und respektvoll mit anderen umgehst. Und das bleibt hängen. Wer professionell absagt, beweist Reife – und hinterlässt einen guten Eindruck, auch wenn er den Job nicht antritt.

In der Arbeitswelt – und generell im Leben – geht es nicht darum, nie Fehler zu machen oder immer alles durchzuziehen. Es geht darum, wie man mit Entscheidungen umgeht. Und dazu gehört auch, sie klar zu kommunizieren.

Also: Wenn du es dir anders überlegst – steh dazu. Schreib eine Nachricht, ruf kurz an, sag ehrlich ab. Das ist kein Drama, sondern einfach korrekt. Und genau so möchtest du doch auch behandelt werden, oder?

Quelle: SWR.de

– unterstützt durch KI –

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